Corona-Auswirkungen: Schwimmsparten steht das Wasser bis zum Hals


Wolfsburg Verwaltung wertete eine Befragung von 24 Sportvereinen zu Auswirkungen der Pandemie aus und stellte jetzt die Ergebnisse Mitgliedern des Sportausschusses vor. Dennis Bauch vom Fachverband Schwimmen warnte bei der Online-Veranstaltung vor katastrophalen Langzeitfolgen für diese Sportart.

Die Corona-Pandemie ist eine besondere sportliche Herausforderung. Rainer Brill und Ria Klar von der Verwaltung stellten online Ergebnisse einer Befragung von 20 kleineren und den vier größten Sportvereinen im Stadtbereich vor. Mitglieder des Sportausschusses und der Fachverbände nahmen teil. Besonders eindringlich warnte Schwimm-Trainer Dennis Bauch vor den Folgen der Einschränkungen.

Grundsätzlich sieht die Situation der Sportvereine nicht ganz so schlecht aus wie befürchtet. Zumindest im Durchschnitt. Die 20 befragten kleineren Vereine (bis zu 1000 Mitglieder) haben rund vier Prozent der Mitglieder verloren. Die Spanne reicht dabei allerdings von einem Verlust von mehr als 18 Prozent (vor Lockdown 732 Mitglieder, jetzt 597) bis hin zu einem Plus von gut elf Prozent (vor Lockdown 500 Mitglieder, jetzt 560).

Langzeitfolgen nicht absehbar

Bei den vier großen Vereinen (mehr als 4000 Mitglieder) liegen die Verluste bei 0,7 Prozent, 5,1 Prozent, 10,3 Prozent und 16,5 Prozent. „Jeder Verlust schmerzt“, sagte Rainer Brill. Grundsätzlich blickten alle trotzdem optimistisch in die Zukunft – zumindest falls der zweite Lockdown im Frühjahr endet. Brill: „Erst wenn der Sport wieder im Normalmodus läuft, kann man Bilanz ziehen.“ So sei es schwierig, jetzt schon zu beurteilen, welche langfristigen Folgen der fehlende Breitensport für die Motorik der Menschen, für die Psyche und für soziale Entwicklungen hat. Und auch der Spitzensport muss den Anschluss erst wieder bekommen.

Seepferdchenkurs im Badeland: Wegen Corona lernen aktuell Kinder nicht Schwimmen. Die Bäder sind geschlossen. Experten fürchten langfristige Folgen. Quelle: Stadt Wolfsburg

Dennis Bauch (Fachverband Schwimmsport, Trainer beim TV Jahn) beantwortete schließlich auch die ungestellte Frage, welcher der vier großen Wolfsburger Sportvereine die meisten Sorgen hat. „Wir haben jedes sechste Mitglied verloren. Für den Schwimmsport sieht es schlimmer aus als für andere Bereiche.“ Und das, so Bauch, sei nicht nur ein Problem für den TV Jahn. Sechs bis zwölf Monate müssten jetzt Kinder, die schwimmen lernen wollen, auf einen Kursus warten. Ursula Sandvoß (Stadtsportbund) war geschockt: „Können wir das jemals aufholen?“ Bauch beruhigte: „Davon bin ich überzeugt, Ideen gibt es viele. Aber wir brauchen die Infrastruktur – alle nur möglichen Wasserflächen sollten nutzbar gemacht werden.“ Dann könne man die Abwärtsspirale stoppen.

Ursula Sandvoß, Vorsitzende des Stadtsportbundes: „Können wir das jemals aufholen?“ Quelle: Boris Baschin


Soforthilfe scheitert am Lockdown

Dezernentin Monika Müller würde gern sofort helfen, muss aber warten, bis das Land den fertigen Stufenplan freigibt. Sabrina Spring (Bäderverwaltung) dämpfte zu große Hoffnungen: „Wir müssen in den Freibädern unter Pandemie-Bedingungen starten.“ Jens Kirsch (PUG) mahnte zudem, den ebenfalls gebeutelten Reha-Sport nicht zu vergessen und Rainer Brill ergänzte, auch der Kampfsport habe zu kämpfen. Eine gute Nachricht hatte er aber: Zuschüsse für vereinseigene Anlagen oder für Übungsleiter werden nicht gekürzt.
Versöhnt mit dem Plan, ausgewählte Sporthallen für Bewegungs-Angebote der Jugendförderung zu öffnen, zeigten sich am Ende Ausschuss-Vorsitzender Werner Reimer und Melissa Koch (beide CDU). Dezernentin Müller will in Zukunft versuchen, ähnliche Ideen besser zu kommunizieren und betonte: „Unser eigentliches Ziel ist, die Hallen bald wieder für alle zu öffnen.“ Schön sei zu sehen, dass die Sportfamilie zusammenhalte – Ehrenamtliche bleiben in Rufbereitschaft, Mitglieder zahlen ihre Beiträge. Finanzielle Förderung haben auch einige beantragt. „Und die Vereinsstruktur hat sich bewährt“, meint Ingolf Viereck (SPD).



WAZ, Seite 15, 11.02.2021