Durch halb Europa nach Vorsfelde: Jetzt ist Mbanefo angekommen

Handball-Oberliga: Polnischer Ex-Jugendnationalspieler fühlt sich nach drei Spielen schon Zuhause

Viel unterwegs: Paul Mbanefo spielte in Polen (kl. Bild l.), Norwegen (kl. Bild r.) und Spanien (gr. Bild), ehe er nach Deutschland kam.Fotos: privat

Vorsfelde. Er hat beim MTV Vorsfelde alles erlebt, was man als Sportler erleben kann – Sieg, Unentschieden, Niederlage. So könnte man sagen. Doch umfasst sein Erlebtes in der Eberstadt bisher erst drei Spiele. Mehr nicht. Nach seinem Wechsel zum Handball-Oberligisten kam der Lockdown, dann der Saisonabbruch. Und doch ist Paul Mbanefo angekommen. Dort, wo er immer hin wollte. Nach drei Spielen. Nach drei Vereinen in Deutschland. Nach drei Auslandsstationen. Nach drei Sportarten. Beim 26-Jährigen sind, wie es scheint, aller guten Dinge drei.

Handball erst mit Zwölf

Fußball, damit beginnt die Karriere des kleinen Paul, dessen Mutter Polin ist und der 1994 in Gdansk geboren wird, später auch in England aufwächst. Fußball muss es ein, sein Vater ist Engländer. „Er war begeisterter Kicker und Trainer“, erzählt der Neu-Vorsfelder. Doch der Junior merkt: „Ich bin kein guter Fußballer, es hat mir auch keinen Spaß gemacht.“ Anders ist es beim Basketball – und es kommt noch besser. „Als ich dann Zwölf war, hat mich mein Sportlehrer gefragt, ob ich nicht mal zum Handballtraining kommen möchte.“ Er kommt. Und bleibt.

Die richtige Entscheidung. Mbanefo ist mit Talent gesegnet, schafft es trotz des späten Starts noch in die U16- und U18-Nationalteams von Polen. Entdeckt wird er auf einem Turnier, der Bundestrainer lädt ihn ein. „Da dachte ich: ’Okay, das ist nicht nur Spaß, sondern kann was Großes werden.’“ In Polen spielt er für Sokoł Gdansk und KAR-DO SPOJNIA Gdynia. Er schafft es in die 1. Liga. Darüber gibt es nur noch die Ekstraklasa. Doch das Fernweh treibt ihn. „Ich wollte früh ins Ausland – und als ich mit Handball angefangen habe, war immer Deutschland mein Ziel. Ich wollte dort leben.“

Seine Reise beginnt mit 18 Jahren, er verlässt Polen, landet beim Haugaland Håndballklubb, ein Zweitliga-Verein in Norwegen. Lange bleibt er nicht. „Ich habe gut gespielt, einen Berater bekommen und ein Angebot von Octavio de Vigo angenommen.“ Der spanische Zweitligist geht Konkurs, trotzdem hätte er im Land bleiben können. Doch dann die Anfrage aus Deutschland. Drittligist HSV Hannover will ihn. „Ich dachte, das ist der richtige Moment.“ Er ist es. Hier lernt er seine Freundin kennen, heute leben beide in Wolfsburg am Hageberg. Nach der Zwischenstation VfL Fredenbeck (Oberliga Nordsee) ist er in Vorsfelde gelandet.

Der Wechsel – für ihn sportlich und beruflich ein Volltreffer. „Es hat super gepasst. Ich mache meine Ausbildung als Sport- und Fitnesskaufmann direkt im Verein.“ Dass er bisher nur drei Spiele für den MTV bestreiten konnte, ist allerdings „mental ein bisschen hart. Gerade als neuer Spieler versucht du dich von deiner besten Seite zu zeigen. Ich halte mich zwar fit, aber der Spaß eines richtigen Handballtrainings fehlt mir auch.“ Was nicht fehlt, ist ein hilfreiches Team. „Ich bin schnell aufgenommen worden, wenn ich etwas brauche, sind alle für mich da.“

Mbanefo möchte es mit Leistung zurückzahlen, wenn wieder gespielt werden kann. Er will mit Vorsfelde wieder in die 3. Liga. Seine Ausbildung geht über drei Jahre, in dieser Zeit soll die Drittklassigkeit gelingen: „Wir haben ein Team mit Potenzial.“

Attraktiven Handball soll dann auch seine Familie zu sehen bekommen, die mittlerweile in England lebt. Die Corona-Pandemie macht aber Besuche zurzeit unmöglich. „Meine Mutter und mein Bruder konnten mich im vergangenen Sommer noch besuchen, aber mein Vater musste arbeiten. Ihn habe ich schon ein Jahr nicht mehr gesehen. Das ist hart“, sagt Mbanefo.

Mit dem Vater zum Fußball

Doch wenn es ein Wiedersehen gibt, dann soll es für den fußballbegeisterten Vater nicht nur Handball geben. „Seitdem ich in Wolfsburg lebe, verfolgt er die Spiele des VfL. Vielleicht können wir dann gemeinsam sogar hier ein Champions-League-Spiel sehen.“ In der neuen Heimat des Sohnes. Paul Mbanefo ist angekommen.

Wolfsburger Allgemeine, Seite 28, 23.02.2021