Wolfsburger Flüchtlingsfrauen erlernen das Fahrradfahren

Hans Karweik

Auf speziellen Fahrrädern verlieren die Flüchlingsfrauen in dem integrativen Kurs die Scheu vor der unbekannten Fortbewegungsart. Hier üben sie auf dem Innenhof des Schulzentrums Vorsfelde.

VORSFELDE.  Sie kommen aus dem Sudan, Somalia, Syrien und Ruanda. Für die Flüchtlingsfrauen ist alles neu in Wolfsburg – auch das Fahrradfahren.

Kopftücher und über die Hosen gezogene Kleider weisen auf andere Kulturkreise, sehr wahrscheinlich auch muslimische Religion, hin. „Sie kommen aus dem Sudan, Somalia, Syrien und Ruanda“, bestätigt Willy Apwisch vom Unterstützerkreis Vorsfelde. Im früheren Kurs waren auch Irakerinnen, Palästinenserinnen und Frauen aus Eritrea dabei. An diesem Samstagvormittag sind es zwölf Frauen aus dem gesamten Stadtgebiet, die auf dem Schulhof des Schulzentrums Vorsfelde (Phönix-Gymnasium) lernen, Rad zu fahren.

Es geht um Selbstvertrauen und Selbstsicherheit

Auf gelben Rollern mit tief liegendem Einstieg haben sie bereits erste Übungen gemacht, sich mit dem „Rad“ vertrauter gemacht. Es geht auch um Selbstvertrauen und Selbstsicherheit“, erläutert Apwisch. Das sei sehr wichtig, da die angehenden Radlerinnen in ihren Herkunftsländern damit kaum vertraut waren. Aus kulturellen oder sozialen Gründen. Sie üben mit den Rollern, Balance zu halten, ein Gefühl für das Gefährt zu entwickeln. Klappt es einmal nicht so gut, sind erfahrene Beraterinnen zur Stelle. So zeigt eine der Betreuerinnen, Yvonne Brown, einer Frau gerade, wie sie richtig aufsteigt, dann sicher sitzt und stützt die zaghafte Übungsfahrt zunächst am Lenker. Dann erst lässt Brown los, rollt die Schülerin allein über den Parcours. „Wir Männer fassen die Frauen nicht an“, betont Apwisch.

Alles ist Neuland

Andere Schülerinnen sind schon einen Schritt weiter. Aber auch sie fahren noch nicht auf einem voll funktionsfähigen Fahrrad. Ohne Pedale erweitern sie ihr eigenes Zutrauen zum Zweirad, bauen noch vorhandene Ängste ab, verbessern ihr Geschick im Umgang mit dem Rad. Es gilt, wirklich alles zu lernen: das Umdrehen des Kopfes, das Lenken mit einer Hand, um anderen Verkehrsteilnehmern mit der anderen Hand Zeichen zu geben. Und schließlich auch, die Kenntnis und Beachtung von Verkehrszeichen. Vermittlungssprache ist Deutsch, damit die Schülerinnen auch sprachlich sicherer werden. Zehn Samstage hat der Unterstützerkreis vorgesehen, es ist erst die zweite Übungsstunde, immer von 10.30 Uhr bis 12 Uhr. Zum Abschluss winkt die Möglichkeit, sich unabhängig auf einem Fahrrad zu bewegen und damit die eigenen Möglichkeiten im neuen, deutschen Lebensumfeld zu erhöhen.

Finanzielle Hilfe ist wichtig

Finanzielle Hilfe durch Kirchen, Handel, Hotellerie und Gaststätten in der Eberstadt, „hilft uns, das Projekt zu machen“, betont Willi Dörr. Und der MTV Vorsfelde ist Kooperationspartner, hat die erforderlichen Bewilligungen für diesen „Integrativen Fahrradkurs für Frauen mit Migrationshintergrund“ beim Landessportbund Niedersachsen gestellt. Vorsitzender Lutz Hilsberg überzeugt sich an diesem Übungstag von den Abläufen. Dazu gehört auch die Kinderbetreuung. „Ohne dies wäre der Kurs nicht möglich“, betont Hilsberg. So sehen denn die kleinen Mädchen und Jungen neugierig, teils erstaunt zu, wie ihre Mütter Radfahren lernen. Einige Väter warten unterdessen auf dem nahe gelegenen Parkplatz.

Wolfsburger Nachrichten, 14.08.2021