Vize-Weltmeisterin Scoccimarro: Darum macht ihr WM-Silber ganz Judo-Deutschland glücklich

Was für ein Erfolg: Diese WM-Silbermedaille von Giovanna Scoccimarro macht dem gesamten deutschen Team bei den Titelkämpfen in Doha Mut.

Es ist der größte Erfolg ihrer Karriere – und er macht ganz Judo-Deutschland bei der laufenden Weltmeisterschaft froh. Die Lessienerin, die für den MTV Vorsfelde startet, gewann in Doha WM-Silber, holte am fünften Wettkampftag die erste Medaille für Deutschland. Es muss nicht ihre letzte in Katar bleiben.

Doha. Am Freitagmorgen ist Giovanna Scoccimarro erstmals als Vize-Weltmeisterin aufgewacht. Dem Judo-Ass des MTV Vorsfelde gelang bei der Weltmeisterschaft in Doha (Katar) der bisher größte Wurf ihrer Karriere. Und ihre erste WM-Medaille bei den Frauen ist viel mehr als Silber: Dieses Edelmetall gibt dem gesamten deutschen Team Schwung, denn es ist die erste Medaille für den deutschen Judobund bei diesen Titelkämpfen.

Letztes Jahr fehlte sie verletzungsbedingt

Scoccimarro war im letzten Jahr nicht bei der WM dabei, da sie sich nach einem Kreuzbandriss wieder herankämpfen musste. Die letzten drei Wettkämpfe liefen gut und sie hat sich sehr über die Nominierung zur WM gefreut. „Gerade nach einer Verletzung zurückzukommen und sich alles wieder zu erarbeiten, ist nicht so einfach und bedeutet mir sehr, sehr viel“, sagte sie im Vorfeld der WM. Ihr Ziel war, soweit wie möglich zu kommen. „Ich werde von Kampf zu Kampf sehen und würde mich schon freuen, wenn es eine Platzierung wird.“

Sie dachte von Kampf zu Kampf und gewann immer wieder. In der dritten Runde kämpfte sie gegen die Olympiadritte Sanne van Dijke aus den Niederlanden. „Das war für mich der schwierigste Kampf, da ich bisher immer spätestens in Runde drei rausgeflogen bin.“

Mit großem Kampfgeist konnte sie zwar keine Technik ansetzen, gewann jedoch den Kampf durch drei Bestrafungen für die Niederländerin. Es ist nach vier bisherigen Niederlagen das erste Mal, dass sie die Olympiadritte besiegen konnte.

Gleich im nächsten Kampf die nächste Olympiadritte Madina Taimazova, die im Team der individuellen neutralen Athleten startet. Gegen Taimazova hatte die Vorsfelderin 2020 bei der EM in Prag und 2021 das Grand-Slam-Finale in Kazan noch verloren. Dieses mal nicht!

Olympia-Zweite geschlagen

Scoccimarro gewann mit Waza-ari und stand damit im Halbfinale. Dort wartete die nächste Medaillengewinnerin von Olympia, Michaela Polleres aus Österreich, Olympia-Zweite. Im Golden Score sicherte sich die Lessienerin den Finaleinzug gegen die Japanerin Saki Nizoe, der sie sich jedoch geschlagen geben musste.

„Ich war geknickt nach dem Finale, weil ich dachte, ich hätte nicht alles gegeben. Aber mit etwas Abstand ist es ein super Ergebnis und ich muss mich hinter gar nichts verstecken“, sagt sie nach der Siegerehrung. „Es ist überwältigend!

Übrigens: Am Ende steckten sechs Kämpfe – dreimal ging es in den Golden Score – in den Knochen der 25-Jährigen. Ein wahrer Kraftakt, so viele Duelle hatte sie zuvor noch nie in einem einzigen Frauen-Wettbewerb absolviert.

„Schwung fürs ganze Team“

Für Frauen-Bundestrainer Claudiu Pusa war es ein Wettkampftag nach Maß. „Wir haben Silber gewonnen, das ist Gold wert für das ganze Team“, sagt er glücklich über die erste Medaille im deutschen Team bei diesen Weltmeisterschaften in Doha. „Ich bin mit Giovannas Leistungen sehr zufrieden. Nach ihrem Comeback wurde sie von Wettkampf zu Wettkampf immer besser. Sie hat fast das gesamte Podium von Olympia geschlagen. Für die nächsten Tage kann uns dieses Ergebnis Schwung für das ganze Team bringen.“

Eine Initialzündung

Auch Sportdirektor Hartmut Paulat sieht mit dieser Medaille eine Initialzündung im Team. „Nach den ersten Tagen, die nicht so liefen, wie wir uns das vorgestellt hatten, ist die Stimmung im Team eine ganz andere und wir hoffen, dass in den nächsten Tagen noch etwas dazukommt und sich auch auf den Mixed-Team-Wettbewerb am Sonntag gut auswirkt.“

Am Sonntag startet die Mixed-Team-WM

Die Weltmeisterschaften gehen am Freitag und Samstag mit den beiden höchsten Gewichtsklassen weiter, am Sonntag startet der Mixed-Team-Wettbewerb. Mit der nächsten Medaillenchance für Scoccimarro.

Von Maik Schulze, WAZ 12.05.2023