1990-2012

Von Michael Michalzik
Es sollte eine Zeit größter Veränderungen für den aufstrebenden MTV Vorsfelde werden. Ein Abschnitt in der Vereinsgeschichte, der geprägt war von einem bis dahin im Breitensport nicht bekannten finanziellen Schrittmaß. Anfang der 90er-Jahre war es Lutz Hilsberg, damals hauptamtlicher Sportlehrer und heutiger Geschäftsführer, der den Wandel im Sport kommen sah und analysierte. Diplomsportlehrer Hilsberg war seit 1990 hauptamtlich beim MTV angestellt, mit dem steigenden Anteil geschäftsführender Tätigkeit wurde er 2008 zum Geschäftsführer des Vereins bestellt. Bereits zu Beginn der 90er-Jahre analysierte er die Struktur des Vereins genau und machte Vorschläge, um den MTV fit für künftige Herausforderungen zu machen. Hilsbergs damalige Erkenntnisse zusammengefasst:

1. Frauen werden wesentlich größeren Anteil am Sportgeschehen haben.

2. Der Gesundheitssport nimmt seit seiner Etablierung in den 80er-Jahren weiter

enorm zu.

3. Eine Möglichkeit für Fitnesssport muss geschaffen werden, um der Nachfrage

gerecht zu werden.

4. In Wolfsburg müssen besondere Voraussetzungen geschaffen werden, um Vereinssport kompatibel zum VW-Schichtmodell zu schaffen.

Die Geschäftsstelle des MTV Vorsfelde befand sich viele Jahre im heutigen Rolf-Nolting-Haus am Drömlingstadion. Doch der Platz wurde ab den 80er-Jahren knapp

Zu diesen Feststellungen kam die Tatsache, dass der MTV in seinen Räumen im heutigen Rolf-Nolting-Haus nicht mehr effektiv arbeiten konnte. Das Team um Regine Rachow leistete sehr gute Arbeit. Doch die Verwaltung des Vereins brauchte mehr Platz. Zu groß war die Zahl der Mitglieder inzwischen, weit mehr als 2000 waren es geworden. Die Lösung: Ein eigenes Center sollte gebaut werden. Der Verein brauchte angesichts der steigenden Mitgliederzahlen eine Sportanlage mit einer integrierten Geschäftsstelle, um die Abläufe optimal koordinieren zu können. Ein möglicher Standort wurde in der Nähe von Schulzentrum und Sportanlage im Eichholz ausfindig gemacht. Hilsberg rückblickend: „Es ist schon bemerkenswert, dass das MTV-Center in der heutigen Carl-Grete-Straße errichtet wurde, wo doch sein Sohn Wilhelm Grete Gründer des Vereins war.“ Doch die vereinsinternen Planungen schritten voran. Hilsberg und der 2. stellvertretende Vorsitzende Manfred Borgwardt stellten sich als Hauptakteure einem Berg von Aufgaben. Der MTV Vorsfelde sollte endlich seine eigene Anlage bekommen, flexibler agieren können, mit einer neuen Geschäftsstelle einen Mittelpunkt des Vereinslebens erhalten.

Ein stolzer Moment: Nach drei Jahren Planungsarbeit wurde am 6. Februar 1999 der Bauauftrag vertraglich festgeschrieben.

Schließlich erging der Antrag an die Stadt Wolfsburg, ein beplanbares Gelände mit 2500 Quadratmetern Größe zur Verfügung gestellt zu bekommen. Es gelang dem MTV, wichtige Verbindungen zwischen Verein und Politik aufzubauen: Werner Reimer, MTV-Mitglied und Ehemann von Schwimmspartenleiterin Britta Reimer, wurde nach der Kommunalwahl beratendes Mitglied im Sportausschuss der Stadt. Auch Ursula Sandvoß, heutiges Ehrenmitglied, konnte als Kommunalpolitikerin zu dieser wichtigen Struktur in hohem Maße beitragen. Im Sportausschuss setzten beide wichtige Akzente. Eine der sportlich erfolgreichsten Sparten des MTV Vorsfelde erlebte 1995 ihre Gründung: Wilhelm Rust und Ina-Maria Schinzel riefen die Judo-Sparte ins Leben. Die Abteilung ist nun ein Aushängeschild des Vereins. Eine Vielzahl sportlicher Erfolge geht auf das Konto der Judoka. 1997 war das geplante Center Gegenstand von Diskussionen in den Sportausschuss Sitzungen vom Juni, November und Dezember. Böse Erkenntnis: Es konnte mitnichten davon die Rede sein, bei einer vorgesehenen Investitionssumme von 3,5 Millionen Mark einen städtischen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent zu erhalten. Der Entwurf für den Bau musste abgespeckt werden. Die Hauptversammlung des Jahres 1998 gab dem Vorstand um Vorsitzenden Hartmut Arnold grünes Licht für die Realisierung des MTV-Centers in reduzierter Form. Die Investitionssumme wurde auf 2,1 Millionen Mark verkleinert, das Raumangebot reduziert. Werner Reimer erinnert sich: „Es war eine Konzentration auf das Minimum.“ Beispielsweise auf das Modellprojekt „Sportkindergarten“, mit dem der MTV damals planerisches Neuland betreten hatte, musste verzichtet werden. In der Versammlung wurde der heutige Vorsitzende Werner Reimer zum 1. stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Der Rat der Stadt Wolfsburg beschloss in seiner Dezember-Sitzung die Vorlage 803 – „MTV-Center“: Dem Bau stand nichts mehr im Wege.

Bereits im April 1999 war auf der grünen Wiese schon viel zu sehen: Die Maurerarbeiten hatten begonnen, die Dimensionen des Centers wurden für jedermann gut erkennbar
Juni 1999: Mit einem hohen Maß an Eigenleistung fanden die Arbeiten auf dem gewaltigen Dach statt. Das gute Wetter begünstigte den Fortschritt.

Im selben Jahr konnten sich die Mitglieder der Segelsparte über den Ausbau ihres Areals am Allersee freuen. 1999: „Das bedeutendste Jahr in der Vereinsgeschichte“, wie es MTV-Chronist Dietrich Köther einschätzt. Manfred Borgwardt, der die Projektleitung auf der Baustelle übernahm, erinnert sich gern an die große Zeit: „Bei der Jahresversammlung am 6. Februar 1999 konnte der Vorstand dem Verein sagen: Finanzierung sicher, Kosten gedeckelt. Am Abend des gleichen Tages erfolgte die Vergabe des Hauptauftrags. Dieser Tag war einer der Meilensteine in der Geschichte des MTV Vorsfelde.“ Am 12. März wurde mit dem Bau des Centers begonnen. Die Gewerke Deckenverkleidung, Bistro, Büro, Wandbeläge, PC- und Telefoninfrastruktur sowie der Schwingboden Gymnastikhalle wurden Eigenleistunng erbracht“, betont Borgwardt den großen ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder. Die beiden Kredit gebenden Banken hinter dem Projekt: die damalige Volksbank Vorsfelde (heute Volksbank eG Braunschweig Wolfsburg) sowie die Nord/LB (heute Braunschweigische Landessparkasse). Die drei Giebel des bedeutenden Bauvorhabens bilden heute das Logo des Centers. Neue hauptamtliche Kräfte verstärkten das wachsende Team: Gerald Polster wurde Fitnesstrainer. Angelika Greiff begrüßte fortan an die Mitglieder am Empfang. Beide brachten Erfahrungen aus kommerziellen Studios in den MTV. Für Polster steht indes fest: „Du kannst ein Studio nicht mit dem MTV vergleichen. Hier gilt die Gemeinsamkeit. Niemand wird belächelt, Leistungssportler trainieren mit Menschen, die sich von einer Krankheit regenerieren.“ Auch Karen Danckert (geb. Stockmann), Sabine Mikolajek und Elke Pätzold-Jennerke ergänzten schon das Team der hauptamtlichen Mitarbeiter. Gleich im folgenden Jahr wurde der Bau des Parkplatzes in Angriff genommen. Mit dem Steuerbüro Krüger wurde eine wichtige Zusammenarbeit begonnen. Die Komplexität der steuerlichen Belange des Großvereins machte diesen Schritt erforderlich.

Immer offen für Neues: Der MTV Vorsfelde setzt regelmäßig Zeichen und achtet auf Trends. Dazu gehört auch das beliebte Zumba zu heißer Musik.

Außerdem ging der MTV Vorsfelde in seiner Außendarstellung neue Wege: Erstmals nahm der Verein an der Drömlingmesse statt. Seitdem war er jedes Mal vertreten – mit einem eigenen Stand und einem großen Bühnenprogramm, das stets für viel Aufmerksamkeit sorgt. Im Jahr 2000 stieß Ina-Maria Schinzel zum Vorstand dazu. Bis heute macht sie sich für ihren Verein stark – auch als Spartenleiterin Judo. Besondere Gäste bei der Jahresversammlung 2001: Die Landtagsabgeordneten Ingolf Viereck (SPD) und Angelika Jahns (CDU), die Grußworte überbrachten. Die Carl-Grete-Straße wurde verlängert, die Besucher konnten das MTV-Center jetzt über eine asphaltierte Straße erreichen. Ende des Jahres belief sich der Kreditstand auf nur noch 544 000 Euro, das Center hatte erfolgreich zu wirtschaften begonnen. Der Erfolg des Konzepts ließ sich auch unmittelbar aus der Mitgliederentwicklung ablesen: 3573 Freizeitsportler waren 2002 in den Reihen des Vereins registriert. Damit kletterte der MTV auf Platz 20 in der Rangliste der größten Vereine Niedersachsens. Der Jahresumsatz stieg auf 872 000 Euro. Im selben Jahr fand der Wechsel auf der Kommandobrücke statt: Hartmut Arnold übergab das Amt des Vorsitzenden an Werner Reimer. Die Wahl erfolgte einstimmig. Rainer Leder wurde stellvertretender Vorsitzender und brachte fortan weitere wertvolle Kompetenzen ein. So übernahm er von Reimer die Verantwortung für das MTV-Center, dazu gehörte unter anderem die Personalführung. Der neue Vorstand setzte sich wichtige Ziele: kein zusätzlicher Geschäftsführer zum vorhandenen Personal, Einführung eines Controllings, monatliche Vorstandssitzungen, Vereinsführung mit mehr Herz, Einführung eines Ersatzinvestitionsprogramms. Außerdem sollte eine weitere sportliche Akzentuierung erfolgen, die auch Leistungssport – etwa beim Handball oder beim Judo – zum Inhalt hatte. 2003 war der MTV endgültig im Center angekommen.

Immer stark für den Nachwuchs: Dass 250 und mehr Kinder mit dem MTV feiern, wie etwa beim Fasching, ist für Wolfsburgs größten Verein nicht ungewöhnlich. Die Feier fand traditionell bis zum Beginn der Umbauarbeiten in der Aula des Schulzentrums Vorsfelde statt.

Das Herzstück des Vereins war jetzt auch die Heimat für Veranstaltungen wie die Sportabzeichenverleihung oder Ziel für die Braunkohlwanderung. Auch die Jahresversammlung fand jetzt dort statt. Die beschloss auch gleich zwei wichtige Punkte: Hartmut Arnold wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt, außerdem wurde die Erweiterung des Parkplatzes westlich des MTV-Centers entschieden. Im Westgiebel des Neubaus gab es Feuchtigkeitsprobleme. Dieser Mangel führte zu einem Vergleich mit der Baufirma. Den Weg ins weltweite Datennetz beschritt der MTV 2003 mit dem Start der eigenen Homepage „www.mtv-vorsfelde.de“. Seitdem informiert der Verein dort über alle aktuellen Ereignisse und sportlichen Erfolge. Die Sparten können sich vorstellen, ein Terminkalender hält über die Veranstaltungen auf dem Laufenden. Und ein Blick in das umfassende Archiv lohnt sich immer. Der mit dem Wachstum einhergehende gestiegene sportliche Anspruch des Vereins brachte neue Herausforderungen mit sich: Werner Reimer musste seine erste Trainerentlassung vornehmen. Im Handball war es Zeit für einen Wechsel geworden, weil der sportliche Erfolg sich nicht einstellte. Wermutstropfen des Jahres war der Abschied vom Wintervergnügen. Der festliche Abend am Samstag vor dem ersten Advent war lange Zeit eine feste Größe im Terminkalender gewesen. Die Veranstaltung im Schützenhaus wurde mit Beschluss der Jahresversammlung Anfang 2004 ausgesetzt. Auf der Habenseite konnte sich der MTV über einen weiteren großen Erfolg freuen: Gabriel Wille wurde als 4000. Mitglied begrüßt. Davon waren allein 1348 Kinder und Jugendliche. Mit der Einführung der „Mittelfristplanung“ etablierte sich der Verein weiter als Wirtschaftsunternehmen: Um die Nachhaltigkeit zu garantieren, wurde nun der Ersatzinvestitionsbedarf der kommenden fünf Jahre ermittelt und als Grundlage für das budgetierte Vorhaben im Folgejahr definiert. Die Außenanlage des Centers wurde mit der neuen Beach-Volleyball-Anlage weiter aufgewertet. Der Triathlon-Sport wurde in die Schwimmsparte integriert. Stadtweite Anerkennung: Nach Erhard Buhl im Vorjahr wurde 2004 Alfred Jürges für seinen langjährigen Einsatz bei der Wolfsburger Sportlerehrung ausgezeichnet.

Professor Dr. Wolf-Rüdiger Umbach, LSB-Vorsitzender, Rainer Leder, Ina-Maria Schinzel, Werner Reimer, Lutz Hilsberg und Christian Wulff (von links) bei der Verleihung des Günther-Volker-Preises 2004 in Hannover.

Im Januar 2008 erhielt Peter Wagner für seine ehrenamtliche Arbeit im Sportbereich die Ehrengabe der Stadt Wolfsburg. Bereits 1998 hatte Wagner die Kreisehrennadel vom NTB überreicht bekommen. Hohe Ehren für den Verein auch in der Landeshauptstadt: In Hannover nahm eine Delegation des MTV den Günther-Volker-Preis für Erfolge im Reha-Sport entgegen. Die feierliche Ehrungsveranstaltung für die Sportler des Jahres ins sechs Kategorien fand erstmals am ersten Advent 2004 statt. 2005 wurde die ein Jahr zuvor beschlossene Grundbeitragserhöhung wirksam. Die Kinderbeiträge (sechs Euro) wurden nicht erhöht. Erwachsene zahlten nun elf Euro, Familien 19,50 Euro. Stark für Familien: Diesen Grundsatz beherzigt der MTV stets. Die Jahresversammlung 2005 beschloss eine Erweiterung: Das Center sollte um einen zweiten Bauabschnitt erweitert werden, da der Bedarf ständig weiter stieg. Regine Rachow wurde zur Ehrenratsvorsitzenden. Sie trat damit die Nachfolge von Kurt Unverzagt an. Er hatte auch als tatkräftiger Messemacher wesentlichen Anteil an der erfolgreichen Präsenz des MTV bei der Vorsfelder Drömlingmesse. Eingeführt wurde die Monatsabrechnung der Sparten mit Vorausschau bis Jahresende. Die Sparte Leichtathletik konnte sich mit dem Bau der Tartanbahn im Eichholz über großen Aufwind freuen. Großen Grund zur Freude gab es auch für die Judoka, die in die Regionalliga aufstiegen. Den Erfolgssportlern wurde in der Verwaltungsstelle Vorsfelde ein großer Empfang bereitet. Und die Faustballer jubelten mit ihren Fans über den Aufstieg in die Niedersachsenliga. Mit Redha Jebili konnte der MTV seinen ersten Ironman im Triathlon stellen.

Werner Reimer, Vorsitzender des MTV Vorsfelde (rechts), und Professor Dr. Peter Haase, der Vorsitzende des VfL Wolfsburg, wollen eine Sportlerin für ihren jeweiligen Verein einfangen. So sah Karikaturist Gertpeter Zeuch 2008 augenzwinkernd das „Wettrennen“ der großen Wolfsburger Sportvereine. Damals überholte der MTV erstmals den VfL.

Zu einer Neugründung kam es ebenfalls: Taijiquan wurde als 25. Sparte in den Verein aufgenommen. Der Jahresumsatz stieg auf 994 000 Euro, der Kreditstand konnte bis Jahresende auf 315 000 Euro reduziert werden. Manfred Borgward, der sich beim Bau des MTV-Centers größte Verdienste erworben hatte, schied bei der Jahresversammlung 2006 aus dem Vorstand aus und wurde zum Ehrenvorstandsmitglied ernannt. Am 24. April erfolgte dann der erste Spatenstich für den zweiten Bauabschnitt des MTV-Centers im Beisein des Oberbürgermeisters Rolf Schnellecke sowie Ortsbürgermeister Günter Lach. Die Handballherren mussten zwar den Abstieg in die Landesliga hinnehmen, doch gelang ihnen im Folgejahr direkt der Wiederaufstieg. Auch die junge Formation Hotdancer sorgte für sportliches Aufsehen: Die Gruppe wurde Norddeutscher Vizemeister, nahm an der Deutschen Meisterschaft teil und startete in der Bundesliga.

Judo: Marc-Alexander Fitzlaff (links) wurde 2010 Deutscher Jugendmeister in der Klasse 90+. Erster Gratulant war Trainer Jens Dannies.

Carina Schumacher (Judo) war als Norddeutsche Meisterin die erste Starterin des MTV bei einer Deutschen Jugendmeisterschaft. Weitere Premiere: Erstmals fand 2006 das Marathonprojekt in der Fitnesssparte statt. Der erweiterte Parkplatz, der Weststreifen, wurde seiner Bestimmung übergeben. Am 21. Oktober wurde der zweite Bauabschnitt des Centers in Betrieb genommen. Der Umsatz überstieg erstmals 1 Million Euro. Das bilanzielle Vereinsvermögen belief sich zum Jahresabschluss auf 600 000 Euro, die Eigenkapitalquote lag bei 48 Prozent. 2007 warfen weitere große Ereignisse ihre Schatten voraus: Dietrich Köther, ehemaliges Vorstandsmitglied und Historiker, wurde beauftragt, eine Vereinschronik zum 150-jährigen Jubiläum 2012 zu verfassen. Das Ersatzinvestitionsprogramm an Fitnessgeräten lief an. Größenordnung: 35 000 Euro. Jährlich wurden dafür Zuschussanträge über ein Drittel des Betrags an die Stadt Wolfsburg gestellt. Mit dem Start des Ju-Jutsu-Projekts in Bahrdorf begann eine höchst erfolgreiche Kooperation. Mit Beginn des Jahres 2008 schaffte der MTV den Sprung in die Spitzengruppe der niedersächsischen Großvereine: 4747 Mitglieder gehörten dem Verein nun an. Letztmalig fand die Jahresversammlung als Mitgliederversammlung statt. Beschlossen wurde angesichts der Größe des Vereins die Einführung des Delegiertensystems bei der Hauptversammlung. Werner Reimer dazu: „Mit dem Wachstum des Vereins entwickelte sich die Beteiligung an der jährlichen Mitgliederversammlung eher umgekehrt. Das zunächst widersprüchlich erscheinende Ziel, durch ein Delegiertensystem die Beteiligung zu erhöhen, ging vollends auf.“ Weiterhin wurde die Satzung überarbeitet: Der hauptamtliche Geschäftsführer wurde Vorstandsmitglied. Der Regeltermin „erster Freitag im März“ wurde festgeschrieben. Zielformulierung der Jahresversammlung: Vollständige Tilgung der Kredite bis 2016. Im Jahr 2008 konnte der MTV mit weiteren Meilensteinen aufwarten: Mit dem Wasserverband Vorsfelde startete das erste Firmenfitnessprojekt. Außerdem beobachtete der Verein aufmerksam die Veränderung der Schullandschaft: Die Einführung der Ganztagsschulen würde gravierende Auswirkungen auf den nachmittäglichen Jugendsport haben. Der MTV reagierte gewohnt innovativ und schlug das viel beachtete Projekt MTV-action vor.

Weiterer Judo-Erfolg: Die weibliche U17 des MTV Vorsfelde errang 2009 bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften in München den dritten Platz.

2008 wurde auch der Gisela-Schubert-Preis erstmals ausgelobt. Er erinnert an die große Freundin und Förderin des Vereins. Die Auszeichnung erhalten Mitglieder, die in besonderem Maße die Vereinsphilosophie repräsentieren. Philipp Imiela erhielt den Preis als erster Sportler: Trotz körperlichen Handicaps gehörte er zu den leistungsstärksten Judoka. Voller Erfolg: Bei der ersten Jahresversammlung in Delegiertenform waren 85 Prozent der Stimmberechtigten anwesend. Dem demografischen Wandel der Gesellschaft und dem geänderten Sportbedarf wurde mit der Einführung der Seniorenstaffeln I und II Rechnung getragen. Die Grundbeiträge wurden auf den heutigen Stand angehoben. Erneut gab es keine Erhöhung für Kinder und Jugendliche. Die Handballsparte gab sich als sportliches Ziel für die nächsten Jahre den Aufstieg in die Regionalliga vor. Kontinuierliche sportliche Erfolge gab es für den MTV in den Sparten Leichtathletik, Judo, Ju Jutsu und Handball zu verzeichnen. Den Faustballherren gelang der Aufstieg in die 2. Bundesliga. In der ehemaligen Brüder-Grimm-Schule wurde der Judo-Jugendaußenstützpunkt JASP eingerichtet. Der MTV übernahm die nach der Insolvenz eines Fitness-Studios unverschuldet arbeitslos gewordene Fiona Geppert als erste Auszubildende (Sport- und Fitnesskauffrau). Rainer Leder entwickelte das Generationenmodell, mit dem Fiona Geppert übernommen wurde, als Fitnesstrainer Gerald Polster seine Altersteilzeitregelung in Anspruch nahm. Die Eigenkapitalquote des Vereins stieg zum Jahresende auf 70 Prozent. Weiterer Triumph für die Judoka des MTV: 2010 wurde Marc-Alexander Fitzlaff Deutscher Jugendmeister. In der Klasse 90+ setzte er Maßstäbe. Silvana Samstag wurde als 5000. Mitglied begrüßt.

Silvana Samstag (4) wurde 2010 als das 5000. Mitglied des Vereins begrüßt.
Foto: Photowerk/Bisch

Die beiden ältesten Wolfsburger Sportvereine, der VfB Fallersleben (1861) und der MTV Vorsfelde (1862), begannen mit der Planung eines gemeinsamen Laufs im Rahmen ihrer 150-Jahr-Feierlichkeiten. Der Lauf fand am 23. Oktober 2011 statt. Ursula Sandvoß, die sich viele Verdienste für den Verein erworben hat, schied 2010 aus dem Vorstand aus. Sie wurde zum Ehrenvorstandsmitglied ernannt. Seitdem ist Werner Reimer das letzte amtierende ehrenamtliche Vorstandsmitglied aus der Zeit vor dem Bau des MTV-Centers. Dietrich Köther übergab die Rohfassung der Chronik und wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Die Jahresversammlung beschloss die Konzeption der 150-Jahr-Feierlichkeiten. Erstmals erschien im April 2010 der SportReport, die neue Vereinszeitung des MTV. Das Magazin ist auch auf der Homepage des Vereins digital abrufbar. Im November fand eine Sonderdelegiertenversammlung mit dem damaligen Ersten Stadtrat und Schuldezernenten Klaus Mohrs mit Beschlüssen zu MTV-action statt.

Gemeinsam mit dem VfB Fallersleben organisierte der MTV Vorsfelde 2011 einen Jubiläumslauf: Der Verein aus der Hoffmannstadt feierte ein Jahr vor dem MTV das 150-jährige Bestehen. Der Lauf war eine symbolische Übergabe des Staffelstabs.

2011 wurde Ursula Sandvoß Vorsitzende des Stadtsportbundes. Werner Reimer hatte sie als Nachfolgerin für den krankheitsbedingt nicht mehr amtierenden Rainer Thiede vorgeschlagen. Die Kredite für den ersten Bauabschnitt für das Center aus 1999 wurden vollständig getilgt. Der Jahresumsatz stieg auf 1,3 Millionen Euro. Der Verein richtete die Arbeitsgruppe „Erhalt der Mitgliedschaften im Kinder- und Jugendbereich“ ein. Die Drachenbootsparte wurde im März als 27. Sparte des MTV gegründet. Im September wurden zwei neue Auszubildende zum Sport- und Fitnesskaufmann begrüßt. Damit stieg die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter auf 14. Insgesamt hat der MTV Vorsfelde 183 Mitarbeiter, davon 105 Übungsleiter. Der MTV Vorsfelde hat auch weiterhin Großes vor: 2012 steht ganz im Zeichen der 150-Jahr-Feier sowie MTV-action. Mit dem Bau des neuen Gebäudekomplexes zwischen bestehendem Center sowie Schulzentrum geht der Großverein ganz neue Wege, um in Zeiten der Ganztagsschule Schul- sowie Vereinssport zusammenzubringen: Kooperationen mit den Schulen sollen dazu führen, dass junge Menschen trotz knapperer Freizeit ihren Weg in den Verein finden. Einmal mehr übernimmt der MTV eine Vorreiterrolle. „Sport als Grundlage gesunder Lebensführung“: Dieser Leitsatz liegt auch einer neuen Kooperation mit der Vorsfelder Altstadtschule zugrunde, die 2012 beginnen soll. Der Verein will für die Grundschule, die dann eine offene Ganztagsschule ist, die Nachmittagsbetreuung als Träger übernehmen. Zunächst soll die Stadt diese Funktion übernehmen, dann aber an den MTV übertragen. Die Vorteile liegen für beide Seiten auf der Hand: Die Schule erweitert ihr Angebot um Sport mit all seinen Möglichkeiten und Vorteilen. Dazu bekommt sie vom Verein hohe Kompetenz und bestens qualifizierte Betreuer an die Seite gestellt.

Das derzeit größte Projekt des Vereins: MTV-action. Die Grundsteinlegung für den bemerkenswerten Neubau fand im Sommer 2011 statt, 2012 ist die Fertigstellung.

Der MTV selbst erreicht mit dieser Kooperation sowie dem Projekt MTV-action die Kinder und Jugendlichen von sechs bis 18 Jahren. So soll die Jugendstruktur des Vereins dauerhaft erhalten bleiben. Schulwettkämpfe und Wettkampfsport sollen zusammenwachsen und dem MTV nicht nur steigende Mitgliederzahlen, sondern auch weiterhin hohe Qualität im Bereich des Leistungssports sichern. Wolfsburgs größter Verein bleibt also auch künftig innovativ und richtungsweisend. In den 150 Jahren seines Bestehens beeinflusste der MTV in großem Maße das gesellschaftliche Geschehen seines Heimatortes. Zwölf turnfreudige Einwohner hatten einst den Männerturnverein gegründet, der in den 15 Jahrzehnten zu einem Großverein von mehr als 5000 Mitgliedern heranwuchs. Er verkörpert den klassischen Verein, der vielfältige Aufgaben erfüllt. An erster Stelle ist die Integration von Kindern und Jugendlichen zu nennen. Nirgendwo wird besser präventiv gearbeitet als im Sportverein. Hier kann man herausfinden, wo seine sportlichen Grenzen liegen. Disziplin und Teamfähigkeit werden vermittelt. Von ehrenamtlichen Helfern betreut und von ausgebildeten Leitern geführt, können Mitglieder einer sinnvollen sportlichen Tätigkeit nachgehen. Der Verein ermöglicht Integration und gibt Anregungen zur Gesundheitserhaltung. Die wahre Welt des Sports sind nicht spektakuläre Autorennen oder Champions League, sondern es ist der ursprüngliche Sportverein, wie ihn der MTV Vorsfelde repräsentiert: der Vergangenheit verpflichtet und der Zukunft zugewandt.