Judo: Für die Lessienerin Scoccimarro ist Masters-Bronze „einer meiner größten Erfolge“ – Claudiu Pusa fiebert vorm Fernseher mit

Toller Auftritt in der Wüste: Giovanna Scoccimarro (r., hier im Duell mit Alice Bellandi) gewann in Doha Bronze.foto: Foto: IJF

Doha/Hannover. Vor zwei Tagen noch im Wüstenstaat, gestern schon wieder in der Heimat. Giovanna Scoccimarro ist zurück in Deutschland – und hat etwas mitgebracht. Eine Bronze-Medaille vom Judo-Masters in Doha (Katar). Die hat im Reisegepäck nur wenig Platz beansprucht, wiegt aber in Sachen Olympia-Qualifikation umso schwerer. Die Lessienerin untermauerte damit ihren Anspruch im Sommer in Tokio Deutschland in der Klasse bis 70 Kilogramm zu vertreten.

Mit einem Ausrufezeichen wollte Scoccimarro nach der verpatzten EM mit dem frühen Aus in Prag ins neue Jahr starten. Es wurde in Doha ein ganz dickes! „Ich bin sehr froh über die Bronzemedaille bei so einem großen Wettkampf. Es ist einer meiner größten Erfolge. Und natürlich bin ich auch froh, dass meine Leistung deutlich besser war als bei der EM, ich zeigen konnte, woran ich in der langen Corona-Pause gearbeitet habe“, sagte Scoccimarro. Die Lessienerin, die für den MTV Vorsfelde startet, bleibt aber am Boden, richtet den Blick auf die Dinge, die noch verbessert werden können: „Ich habe in manchen Momenten vielleicht noch sehr verhalten gekämpft, aber es ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung!“

Das sieht auch Claudiu Pusa so. Im Pool-Finale gegen die Vize-Europameisterin Sanne van Djike (Niederlande) sei die 23-Jährige zu vorsichtig, im Medaillenkampf gegen Aoife Coughlan zunächst zu passiv gewesen. „Giovanna war gegen die Australierin zwar nie in Gefahr, aber als sie die zweite Strafe kassiert hatte, musste sie wach werden, volle Kanne Feuer geben. Im Golden Score hat sie mehr Einsatz gebracht und verdient gewonnen.“ Unterm Strich reichte dem Frauen-Bundestrainer aber ein Wort, um den Auftritt von Scoccimarro in Doha zu beschreiben: „Super!“

Pusa selbst hatte aufgrund einer kleinen Zahn-OP auf die Reise an den persischen Golf verzichten müssen, stand über Whatsapp in Kontakt mit Miguel Ogando Lopes, dem Bundesstützpunkt-Trainer am Olympia-Stützpunkt Hannover, der Scoccimarro in Doha betreute. „Die beiden haben sehr gut harmoniert. Ich habe vorm Fernseher mitgefiebert, Giovanna angefeuert“, verrät Pusa, der die Bronze-Medaille hoch einstuft – übrigens die einzige für die deutschen Frauen in Katar. „Beim Masters ist die Crème de la Crème am Start. Es gibt nur Topathleten, jeder Kampf ist ein Knaller“, weiß Pusa.

Und so freute sich der Bundestrainer über Scoccimarros „wunderschönen Uchi-Mata“ gegen die Italienerin Alice Bellandi, den „souveränen“ Auftritt gegen die Koreanerin Seongyeon Kim und darüber, dass die 23-Jährige gegen Coughlan „ihre starke Hüfte ausgepackt hat“.

Der Eindruck nach der verkorksten Europameisterschaft aus dem November des Vorjahres ist damit wieder korrigiert. Daran gezweifelt hat Pusa nie: „Wir waren hundertprozentig überzeugt, da ist mehr drin und sie kann mehr Judo zeigen. Giovanna hat in Doha einen super Job gemacht. Sie war 100 Prozent präsent, zu 100 Prozent dabei, viel besser als in Prag.“

Wobei: Das frühe EM-Aus steht seit Katar in einem anderen Licht. Denn die Russin Madina Taimazova, an der die Lessienerin in Prag gescheitert war, gewann beim Masters in Doha nun Silber. Pusa: „Das war die größte Überraschung. Die Russin mischt jetzt ganz vorn mit.“ Wie Scoccimarro.

Für das Ass des MTV Vorsfelde folgt nun am 24. Januar die Reise ins internationale Trainingslager nach Mittersill (Österreich), ehe Anfang Februar ein Lehrgang in Köln zur Vorbereitung auf den Grand Slam in Tel Aviv (Israel) in der zweiten Februarhälfte dient. Am 1. März geht’s dann in die Wärme. Auf Lanzarote steht ein dreiwöchiger Konditionsblock fürs Olympia-Team auf dem Programm. Scoccimarro kann mit einem guten Gefühl die kommenden Aufgaben anpacken. Das erste Ausrufezeichen im Olympia-Jahr ist mit Doha gesetzt! ums

Wolfsburger Allgemeine, Seite 32, 14.01.2021