Wolfsburgs Sportvereine wollen digitale Kurse weiter ausbauen

Im MTV-Center in Vorsfelde: Trainerin Daniela Kluge und ihr Team stehen in der Quarantäne für Home-Workout-Videos vor der Kamera. Quelle: Britta Schulze

Die Corona-Krise wird zum Marathon für die Sportvereine in Wolfsburg. Die befürchtete Austrittswelle gab es bisher zwar nicht – allerdings konnten die regulären Verluste nicht wie sonst durch neue Mitglieder ausgeglichen werden. Die WAZ fragte nach den Zahlen und nach Zielen für 2021.

Wolfsburg.

Die mitgliederstärksten Sportvereine in Wolfsburg setzen in der Corona-Krise auf Online-Angebote und konnten so viele treue Mitglieder bei der Stange halten. Doch einzelne Zahlen zeigen: Wenn der Pandemie-Marathon zum Iron-Man mutiert, ist die bewährte Struktur mit einer Mischung aus Ehrenamt und Honorarkräften gefährdet. Und Ursula Sandvoß vom Stadtsportbund warnt: „Digitale Angebote werden angenommen; für die Kinder reicht dies aber nicht aus. Ihnen fehlt Bewegung in der Gemeinschaft.“

Ursula Sandvoß: Vorsitzende des Stadtsportbunds in Wolfsburg. Quelle: WAZ-Archiv

Eine übergeordnete Statistik der Mitgliederzahlen für 2020 liegt noch nicht vor, die Erfassung der Daten beim Landessportbund (LSB) läuft noch bis zum 31. Januar. Die Prognose liegt bei Austritten in einer Größenordnung von fünf Prozent. Ursula Sandvoß rechnet eher mit zehn Prozent. „Sportvereine werden als Dienstleister angesehen“, weiß sie. „Wir können in der aktuellen Situation nur neue Wege gehen und Lösungsmöglichkeiten für die Zukunft suchen.“ Der LSB beschäftige sich derzeit verstärkt mit politischen, finanziellen und fachlich unterstützenden Möglichkeiten für die Arbeit der Vereine.

Run auf Online-Angebote

Udo Röhrig, Präsidiumsmitglied des VfL Wolfsburg (Traditionsverein mit Basis am Elsterweg) spricht von einer normalen Fluktuation. Der VfL habe seinen jetzt 4100 Mitgliedern zum Dank für ihre Treue trotz geschlossener Hallen und verwaister Plätze Zusatzbeiträge im letzten Quartal zurückgezahlt. Laut Wiebke Bachmeyer, Abteilungsleiterin Turnen, gebe es einen richtigen „Run“ auf Online-Clips. Gemeinsam mit Filmemacher Chris Krüger hatte der VfL diese speziell im Bereich Bewegungs- und Gesundheitssport angeboten. Zudem schloss sich der VfL dem Online-Sportportal von sechs großen Sportvereinen in Niedersachsen mit mehr als 150 Angeboten an und will den digitalen Service bei Bedarf auch noch weiter ausbauen. „Wir hoffen aber, in absehbarer Zeit unser Sportgelände wieder öffnen zu können“, betont Udo Röhrig.

Das kreative Team des VfB Fallersleben hat immer neue Ideen: Nicolas Heidtke, Denny Sack, Johanna Karnebogen und Raphael Wehnert. Quelle: Roland Hermstein

Am Ball bleibt auch der VfB Fallersleben. Die Fallersleber bieten Online-Coachings, verleihen ihre Geräte und stellen ihre Halle für Familien zum Sporttreiben zur Verfügung. Seit Januar bietet der VfB spezielle Gruppen für geheilte, bereits an Corona erkrankte Menschen an – zunächst digital. „Es gab bereits einige Rückmeldungen“, sagt der Vorsitzende Nicolas Heidtke. Die Zahl der Austritte habe trotz aller Bemühungen im letzten Quartal 2020 leicht zugenommen, das sei aber nicht Besorgnis erregend. „Eine Abwärtsspirale konnten wir verhindern. Das Problem sind fehlende Eintritt und fehlende Einnahmen durch Kurse oder Zusatzangebote“, sagt Heidtke. Der Verein bemühe sich weiterhin, das Spektrum zu erweitern – zum Beispiel durch Projekte wie „Talk to the coach“ (persönliche Online-Beratung) oder das „Bewegungsland light“.

Fabian Gerwich Vandrey: „Gruppendynamik ist wichtig!“ Quelle: MTV Vorsfelde

Die neuen Sportfans fehlen auch dem MTV Vorsfelde. „Normalerweise verzeichnen wir zwischen November und Februar die größten Mitgliederzuwächse“, sagt Vize-Vorsitzender Fabian Vandrey, der unter anderem die Ganztags-Angebote an Schulen organisiert. Momentan verzeichnet der MTV rund 4600 Mitglieder; zu den besten Zeiten waren es einmal 5300. Ein ganz dickes Dankeschön spricht der Vorstand denjenigen aus, die trotz fehlender Angebote treu blieben – zum Beispiel die Eltern-Kind-Sportgruppen. Sehr positiv sei das Echo im Online-Sport-Bereich gewesen. Besonders die Cheerleader und die Judokas hätten sich dort hervorgetan. „Es ist wichtig, dass man die Gruppendynamik erhält“, betont Vandrey. Auch die Power-Clips des Fitness-Centers kämen gut an. Aber: „Die meisten Angestellten sind in Kurzarbeit – mehr können wir leider nicht bieten. Und ich hoffe sehr, dass uns auch die Ehrenamtlichen weiterhin die Stange halten.“ Sorgen mache dem MTV neben dem alltäglichen Breitensport zudem die Zukunft von Olympia und im Oberliga-Handball.

Der MTV-Vorstand hofft sehr, dass ab April oder Mai Wasser- und Gesundheitssport wieder möglich sind. Gerade ältere Mitglieder könnten sich mit digitalen Angeboten nicht gut anfreunden, sagt Vandrey. Aber Plattformen wie Zoom böten dafür die Chance, Menschen mit Ängsten zu erreichen, die Gruppenangebote auch ohne Pandemie scheuen. „Wir könnten für sie eine Digitalsparte schaffen“, meint Vandrey.

Von Andrea Müller-Kudelka

Wolfsburger Allgemeine, Seite 12, 13.01.2021