MTV Vorsfelde und Klinik bringen Pandemie-Kinder in Schwung 

Professor Jacqueline Bauer (von links) ließ sich nicht lange bitten und nahm sogleich auf dem Ruderergometer Platz. Gemeinsam mit Anke Marschall (Ernährung), Lutz Hilsberg und Daniela Kluge (MTV) und Projektleiterin Birgit Leuchtmann-Wagner stellte sie „KiJu in action“ vor. Foto: Helge Landmann / regios24

WOLFSBURG.  Zu dick? Zu unbeweglich? Zu unglücklich? Die Pandemie fordert unter den Kindern großen Tribut. Der MTV Vorsfelde legt ein Programm für sie auf.

Monatelanger Lockdown, Schulen und Sportanlagen geschlossen und als die Öffnungen kommen, keine Lust mehr auf Bewegung. Oder sogar bewegungsunfähig – weil viel zu viele Pfunde im Wege sind. Und weil man sich den anderen gar nicht mehr zeigen und aussetzen will. Die Folge: Mobbing in der Schule, Traurigkeit, Depression. Genau aus diesem Teufelskreis möchte der MTV Vorsfelde die Kinder der Pandemie herausholen – mit einem gezielten Bewegungs- und Ernährungsprogramm. Die Schirmherrschaft hat Professor Jacqueline Bauer, Chefin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und Psychosomatik übernommen.

Am Mittwoch traf man sich im Jugendfitness-Center MTV-action, um die genauen Inhalte vorzustellen. Projekttitel: KiJu in action, also Kinder- und Jugendliche in Aktion. Professor Bauer zunächst: „Die Lage ist sehr, sehr ernst. Unter den Kindern spielt sich eine stille Pandemie ab. Hier bahnt sich ein kleiner Tsunami an körperlichen und seelischen Erkrankungen an. Wenn ein Kind bei einer Körpergröße von 1,60 Meter 120 Kilo liegt, ist das furchtbar. Es hat einen langen Weg zu einem normalen Leben vor sich, der alle Unterstützung und Hilfe verdient.“ Manche Familien hätten sich im Gestrüpp der Pandemie-Verordnungen so verirrt, dass sie gar nicht mehr wussten, dass sie wieder raus durften, sich bewegen, die Infrastrukturen nutzen, berichtet die Kindermedizinerin über die zwei zurückliegenden Jahre.

Sport und gesunde Ernährung lernen

„Wir Erwachsenen sind jetzt die Vorbilder, wir müssen den Kindern den Weg zeigen“, unterstreicht Bauer, selbst Langstreckenläuferin, die beim Pressetermin sogleich gern die Gelegenheit ergreift und sich in die Riemen des Ruderergometers legt. „Ein toller Sport. Ich bleib am liebsten gleich hier“, schmunzelt sie auf dem Trainingsgerät, das auch den Projektkindern zur Verfügung stehen wird.

Und so sieht das Projekt für übergewichtige Kinder und Jugendliche aus. Zielgruppe: 8- bis 15-Jährige. Dauer: 10 Wochen. Zweimal wöchentlich wird im MTV-action unter TrainerInnen-Anleitung Sport getrieben. Begleitend dazu gibt es ein Ernährungs-Coaching. Projektleiterin Birgit Leuchtmann-Wagner: „Es ist ein ganzheitlicher Ansatz, in den die Eltern oder andere Erziehungsberechtigten einbezogen werden. Es macht ja keinen Sinn, den Kindern diese Riesenaufgabe der Verhaltensänderung allein aufzubürden. Das funktioniert nur, wenn es unterstützt wird und möglichst alle mitmachen.“

Termin vormerken!

Los geht es am 27. April. Am 23. April findet eine Kennenlern-Veranstaltung für alle Kinder, Jugendlichen und ihre Eltern statt. Ort: MTV-action, Vorsfelde, Am Grünen Jäger (Schulzentrum Vorsfelde), 10 bis 12 Uhr.

Eine Anmeldung ist erforderlich und wird unter sonderkurse@mtv-vorsfelde.de entgegengenommen. Diese Kickoff-Veranstaltung ist kostenfrei. Der eigentliche Kursus ist kostenpflichtig, wird aber, wenn eine ärztliche Notwendigkeitsbescheinigung vorliegt, von den Krankenkassen erstattet.

Der Ernährungspart wird von Diät-Assistentin Anke Marschall begleitet, den sportlichen Teil übernehmen Trainerin Daniela Kluge und ihr Team. Die Leiterin vom MTV-action: „Die Kinder werden auf Gleichgesinnte treffen ohne allerdings abgeschirmt zu sein. Ziel ist, sie ins sportliche Geschehen und das übliche soziale Miteinander, das in einem Sportverein herrscht, zu integrieren.“

Sportvereine könnten ohnehin jetzt viel leisten und hätten von jeder eine hohe soziale Funktion, unterstreicht Kindermedizinerin Professor Jacqueline Bauer. „Wir waren als Kinder und Jugendliche früher doch alle in einem Sportverein. Man war ständig in Bewegung und hat viele Freunde gehabt. Das sollten wir den Kindern, erst recht nach der Pandemie, wieder bieten.“

Wer vor der Kennenlern- und Info-Veranstaltung noch Vorab-Fragen hat, bekommt sie beim MTV auch unter der Nummer (0176) 301 86271 beantwortet.

von Barbara Benstem