Nach dem Kreuzbandriss: Judo-Ass Scoccimarro darf weiter auf Olympia hoffen

Beim Grand Slam im Februar in Paris riss sich Judoka Giovanna Scoccimarro vom MTV Vorsfelde das Kreuzband. Ihr großes Ziel hat die 24-Jährige dadurch aber nicht aus den Augen verloren – der Heilungsprozess macht ihr Mut.

Vorsfelde. Ein Kreuzbandriss gehört zu den schlimmsten Verletzungen, die man sich im Sport zuziehen kann. In den meisten Fällen dauert es sogar ein ganzes Jahr, bis er vollständig verheilt ist und man wieder einigermaßen unter Wettkampf-Bedingungen antreten kann. Auch Giovanna Scoccimarro, Judoka vom MTV Vorsfelde, musste diese Erfahrung machen. Anfang Februar war die 24-Jährige beim Grand Slam in Paris angetreten, bereits im zweiten Kampf passierte das Unglück nach gerade mal einer Minute – doch der Heilungsverlauf macht ihr Mut, ihr Ziel doch noch zu erreichen.

„Ich habe nur das Knacken gehört, konnte schwer aufstehen, habe mich gefragt, was das ist“, erinnert sich Scoccimarro. Durch das Wettkampf-Adrenalin humpelte sie lediglich etwas, Schmerzen spürte sie kaum. Kurz vor Ende des Kampfes knickte sich auch noch um, holte sich aber dennoch den Sieg.

Rückflug, MRT, Diagnose

Auch danach war sie noch voller Tatendrang: „Ich bin dann von der Matte, wollte weiterkämpfen, bin nur kurz Richtung Toilette gejoggt. Unser Verbandsarzt hat sich das Knie dann angeguckt, meinte, dass es etwas instabil wirke, das Kreuzband aber wohl nicht kaputt sei.“ Obwohl sie protestierte und das Knie lediglich tapen lassen wollte, wurde sie vorsichtshalber aus dem Wettkampf herausgenommen. Zum Glück, wie sich später herausstellte. Denn anschließend nahmen die Schmerzen zu, Scoccimarro humpelte stärker. Am nächsten Morgen ging der Flieger zurück nach Deutschland, am Montag MRT-Termin, am Dienstag das Ergebnis: Das Kreuzband ist durch.

Ende Februar wurde sie operiert, alles verlief gut. „Bis jetzt ist alles gut verheilt, alles befindet sich in der Aufbauphase“, sagt sie. Nebenwirkungen gab es bis jetzt keine, der Tatendrang war ebenfalls ungebrochen. Scoccimarro: „Mit dem Training habe ich schon eine Woche nach der OP angefangen, zunächst mit Oberkörpertraining. Ich kann seit längerem auch schon wieder laufen und Rad fahren, mache auch schon ein bisschen Judo.“ Das allerdings noch in „sehr überschaubarem“ Umfang. „Da wir Vollkontakt haben, muss man immer ein bisschen aufpassen. So ein Kreuzbandriss dauert ja auch immer etwas, bis sich das Knie wieder komplett an die vorherige Leistungsfähigkeit gewöhnt hat.“

Das Ziel heißt immer noch Paris 2024

Kämpfe bestreitet sie noch nicht, das werde wohl „noch ein, zwei Monate dauern“. Das Knie halte zwar gut, dennoch gebe es auch mal instabilere Phase, kleinere Rückschläge. „Man möchte ja auch, dass das Knie langfristig hält und nicht direkt wieder kaputt geht, vor allem auch in Bezug auf Paris 2024“, sagt sie.

Dann finden nämlich die Olympischen Spiele statt, ihr großes Ziel, worauf sie weiter hinarbeitet. Die Qualifikationsphase ist bereits Ende Juni gestartet, den Auftakt hat Scoccimarro verpasst. Dennoch macht sie das Beste draus: „Es hört sich blöd an, aber es hätte eigentlich keinen besseren Zeitpunkt geben können.“ Denn: „Wäre es später passiert, wäre es deutlich schwieriger gewesen, zurückzukommen.“

„Von dem Gedanken muss man sich lösen“

Aktuell plant sie, nächstes Jahr im Februar wieder zu kämpfen – wenn es geht, natürlich auch schon vorher. Dass die Olympischen Spiele ausgerechnet an dem Ort stattfinden, an dem sie ihre schwere Verletzung erlitten hat, könnte man Zufall nennen, vielleicht sogar Schicksal. Angst davor, sich erneut zu verletzen, hat sie aber nicht. Scoccimarro: „Von dem Gedanken, dass es erneut reißen könnte, muss man sich definitiv lösen, sonst könnte ich keinen Kampfsport mehr machen.“

Von Marvin Sonnemann 01.08.2022, WAZ