Giese schuftet für sein Comeback

Der Handballer des MTV Vorsfelde spricht vor dem Oberliga-Duell seines Teams in Lehrte über seine schwere Verletzung und seine Pläne.

Lasse Giese will im Herbst genesen und für den MTV Vorsfelde wieder auf der Platte sein. H. Landmann regios24

Kilian Symalla


Vorsfelde Als Transfercoup betitelt und angekündigt, als Unterschiedsspieler hatte Lasse Giese die hohen Erwartungen des Vorsfelder Umfelds übertroffen. Der Linkshänder wurde sofort zum Schlüsselspieler für die MTV-Handballer. Aktuell wird Giese als drittbester Torschütze der Oberliga geführt. Weitere Treffer werden aber auf absehbare Zeit nicht hinzukommen. Das Heimspiel seines MTV Vorsfelde gegen die SG Börde wird die letzte Handball-Partie dieser Saison gewesen sein, an der Giese teilnehmen kann. Vor dem Auswärtsduell beim Lehrter SV (Sa., 19 Uhr) sprach Giese mit unserer Zeitung über seine schwerwiegende Verletzung und seine Comeback-Pläne.

Ballgewinn, Gegenstoß, Abschluss, Tor – so lautete der einfache Plan. Viel schiefgehen kann da eigentlich nicht. Es kommt allenfalls mal zu Fehlpässen oder ungenauen Würfen aufs gegnerische Gehäuse. Die Konsequenz, dass das Kontertor nicht fällt, ist nicht dramatisch. In der 45. Minute im Oberliga-Duell zwischen Vorsfelde und Börde endete ein derartiger Gegenstoß allerdings in Unerwartetem – und dramatisch.

Lasse Giese hatte nach einer guten Abwehraktion seiner Teamkollegen das Feld vor sich, setzte zum Sprint zur Mitte an. Der Tempogegenstoß lief, die torhungrigen „Razorbacks“ schwärmten aus. „Dann hat es geknallt“, erinnert sich Giese. „Ich dachte, mir wäre jemand in die Ferse gelaufen.“ Doch der in Sportlerkreisen gefürchtete Laut war nicht auf Fremdeinwirkung zurückzuführen. Gieses Achillessehne hatte nachgegeben. „Ich habe mich total erschrocken“, sagt der MTV-Handballer. „Die Bewegung habe ich tausendfach gemacht. Es ist unerklärlich, dass in der Szene eine solche Verletzung passiert.“

Die Partie war für Giese beendet, noch am Abend ging es ins Krankenhaus nach Braunschweig. Dort bestätigte sich der Verdacht: Achillessehnenriss. Am Montag nach dem Börde-Heimspiel erfolgte die OP-Vorbesprechung, am Dienstag ging die Operation vonstatten. „Die ist gut verlaufen“, sagt Giese. Seitdem trägt der Sport-Student einen Spezialschuh, der es verhindert, dass die lädierte Achillessehne überdehnt wird. „Das ist ein seltsames Gefühl“, berichtet Giese. Einige Wochen wird es dauern, ehe der 26-Jährige wieder seine Lauf- oder Handballschuhe anziehen darf. Die Verletzung beendete Gieses Einstandssaison in Vorsfelde vorzeitig und abrupt.

Das ist umso gravierender, da der Rückraumspieler als „Razorbacks“-Neuzugang eingeschlagen war. Giese fügte sich ohne Anlaufzeit ins Vorsfelder Spiel ein. Die Eberstädter wussten, wen sie holten: Bei Drittligist MTV Braunschweig hatte der Linkshänder sein Können über mehrere Spielzeiten hinweg unter Beweis gestellt. Giese kam mit Vorschusslorbeeren – sowie Erwartungen und Vorstellungen.

Dann hat es geknallt. Ich dachte, mir wäre jemand in die Ferse gelaufen. Ich habe mich total erschrocken.

Lasse Giese, über den Moment, als seine Achillessehne gerissen ist.

In Vorsfelde setzte man die Hoffnung in Giese, das Team auf ein höheres Level zu hieven. Giese selbst wollte vor allem eines: Einsatzzeit. „In Braunschweig habe ich in meiner letzten Saison viel Zeit auf der Bank verbracht“, erklärt der Rückraumspieler. „Ich wollte wieder eine Rolle spielen.“

Nach einer Daumenverletzung inklusive OP rückte der Stammspieler des Braunschweiger Drittligisten ins zweite Glied. MTV-Trainer Volker Mudrow hatte in der Zeit der Abwesenheit Gieses das Spielsystem umgestellt. „Das Team hat in der neuen Ausrichtung gut funktioniert. Mein Stammplatz war damit weg“, erläutert Giese. Der Rückraumspieler sprach mit Coach Mudrow offen über die Perspektiven in Braunschweig. Ergebnis: Ein Wechsel wäre für Giese die beste Lösung. „Wir sind im Guten auseinander gegangen.“

Nun kam Vorsfelde ins Spiel. Teammanager André Frerichs war seit Längerem ein Fan von Giese. Als der MTV-Handballchef von den Wechselgedanken des wurfstarken Linkshänders hörte, leitete er alles in die Wege, um Giese in die Eberstadt zu lotsen. „André hatte mich kontaktiert und mir die Pläne des MTV erklärt“, berichtet Giese. Die Ausführungen Frerichs überzeugten den gebürtigen Göttinger. „In Vorsfelde habe ich eine neue, passende Herausforderung gefunden.“ Nach acht Jahren im Männer-Team Braunschweigs war Schluss für Giese.

Der Vereinswechsel ist nur augenscheinlich ein sportlicher Rückschritt. Zwar ging es für Giese aus der 3. zurück in die 4. Liga, doch hat er den Spaß am Handball wiedergefunden. Aus dem Backup ist wieder ein Schlüsselspieler geworden. In Vorsfelde startete Giese sofort durch. Dass die Eingewöhnungszeit so kurz ausfiel, schreibt der Wirtschaftspädagogik-Student dem freundlichen Mannschaftsklima in Vorsfelde zu. Ein wichtiger Faktor sei vor allem MTV-Coach Daniel Heimann gewesen. „Daniel hat mir gleich das Vertrauen geschenkt, hat auf mich gesetzt“, erklärt Giese. „Das tat mir gut.“

Der „Halbrechte“ bedankte sich mit Toren. Über sieben Treffer pro Partie erzielte Giese bis zu seiner Verletzung. Der Topschütze trug entscheidend zur starken Hinserie der Vorsfelder bei. „Lasse hat sich sehr schnell zurechtgefunden, passt menschlich wie sportlich perfekt in unsere Mannschaft“, hatte Teamchef Frerichs in der Weihnachtspause betont. Dann kam Spiel 2 der Rückrunde – und ein Knall. Seitdem pausiert die Erfolgsstory.

Wann sie ihre Fortsetzung findet, ist offen. „Die Ärzte sagen, dass ich nach sechs Monaten wieder sportliche Belastung vertrage“, sagt Giese. Bei Teamkollege Jakob Nowak, der sich ebenfalls die Achillessehne gerissen hatte, dauerte es allerdings etwas länger, bis er zurück auf der Platte war. Die Erfahrungen Nowaks könnten Giese nun helfen. „Unsere medizinische Abteilung weiß genau, wie mit der Art Verletzung umzugehen ist“, betont Giese. Physiotherapeutin Tomke Hundt und Mannschaftsarzt Dr. Jens Behrendt betreuen Giese während der Reha. „Seit dieser Woche arbeite ich an meinem Comeback“, verrät der 26-Jährige. Dreimal wöchentlich schuftet Giese fortan dafür, die angefangene Erfolgsgeschichte ab Herbst 2024 fortschreiben zu können. Dann will er zurückkehren. Möglichst mit einem Knall – einem Knall der anderen Art.

Wolfsburger Nachrichten – Gifhorner Rundschau, Seite 28, 08.02.2024