Handball: Diesmal nicht wegen Corona – Heimische Trainer können die Einstellung des Cups verstehen

Von Maik Schulze
In Sachen Pokal bleiben die Handbälle beim HVN ab jetzt im Netz: Die heimischen Oberliga-Trainer Oliver Bült (v. l.; VfL Wolfsburg), Daniel Heimann (MTV Vorsfelde) und Mike Knobbe (VfB Fallersleben) können die Entscheidung nachvollziehen, ihre Teams hatten auf den Cup zuletzt bereits verzichtet. Foto: Pixabay Rovin/B. Baschin/Privat/G. Gerewitz

Wolfsburg. Freudetrunken den Pokal in die Höhe stemmen, sich einen Platz in den Geschichtsbüchern des Handball-Verbandes Niedersachsen (HVN) sichern – all das wird es nicht mehr geben. Allerdings in diesem Falle nicht wegen Corona. Weil der Cup schon längst mehr Belastung als Freude war, sich die Lust der Vereine an der Teilnahme in Grenzen hielt, hat der HVN die Pokalwettbewerbe mit Beginn der Spielzeit 2021/22 komplett abgeschafft. Die AZ/WAZ hat bei den heimischen Oberliga-Trainern nachgefragt, was sie von der Entscheidung halten. Zuletzt hatten der MTV Vorsfelde, der VfB Fallersleben und der VfL Wolfsburg auf einen Pokal-Start verzichtet.

Auf das Aus für den Pokal verständigten sich jetzt die Mitglieder des Erweiterten Präsidiums während einer Online-Tagung, die damit einer Empfehlung des Präsidiums folgten. Vizepräsident Spieltechnik Jens Schoof: „Durch die Abschaffung der Pflicht-Teilnahme am Pokal ist die Resonanz sehr gering geworden. Nur durch die Teilnahme der Mannschaften aus der Landesklasse Weser-Ems konnte der Pokalwettbewerb noch einigermaßen sinnvoll durchgeführt werden.“ Durch die Abschaffung der Landesklassen mit Beendigung der Saison 2021/2022 fallen diese Vereine bei der möglichen Meldung weg. „Mit der zu erwarteten Anzahl ist ein sinnvoller Pokal-Wettbewerb nicht aufrechtzuerhalten“, so Schoof.

VfB Fallersleben

„Ich bin nicht traurig drum“, sagt Mike Knobbe, Trainer des Handball-Oberligisten VfB Fallersleben, „obwohl man heute zu Corona-Zeiten ja über jedes Spiel froh wäre“. Generell sei der Pokal-Wettbewerb aber immer unattraktiver geworden, „es waren am Ende Turniere, auf die kaum jemand Lust hatte“. Selbst der Testspiel-Charakter verlor an Wert. „Oft hast du gegen Rumpftruppen gespielt. Und eigentlich wollte keiner weiterkommen“, so Knobbe. Denn bei normalem Spielbetrieb sei der Cup-Wettbewerb eher Belastung als Freude gewesen. Deshalb verzichtete der VfB zuletzt auf die Teilnahme.

MTV Vorsfelde

Daniel Heimann, Coach beim Staffel-Konkurrenten MTV Vorsfelde sieht’s genauso. „Der Aufwand war groß, der Benefit gering.“ Da die Teilnahme am Pokal zuletzt auf freiwilliger Basis fußte, hatte der Trainer beim Team nachgefragt. Ergebnis: Seit einigen Jahren verzichtete der MTV auf den Start. „Für uns ändert sich also nichts“, sagt Heimann. Als die Staffeln noch kleiner waren, sei der Pokal eine gelungene Ergänzung zum Liga-Alltag gewesen. Jetzt allerdings macht ein freies Wochenende im Spielplan mehr Freude.

Ein weiterer Faktor: „Der Anreiz des Pokalwettbewerbs war nicht groß genug“, so Heimann. Hatte sich der Männer-Pokalsieger früher automatisch für die erste Runde des DHB-Pokals qualifiziert, war dies zuletzt nicht mehr der Fall, es musste noch der Weg über den DHB-Amateurpokal gegangen werden – eine zusätzliche finanzielle Belastung, mit geringer Aussicht auf das große Los mit einem Bundesligisten als Gegner. „Nur um sich ein Fähnchen an die Wand zu nageln“, so Heimann, dazu lohnen sich Aufwand und Verletzungsgefahr nicht. Trotzdem: Der MTV-Coach findet’s prinzipiell schade: „Vielleicht kann der Wettbewerb mit einem anderen Konzept in Zukunft mal wiederbelebt werden.“

VfL Wolfsburg

Schade, aber nachvollziehbar und vernünftig – Oliver Bült kennt den Zwiespalt. „Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn etwas von der Bildfläche verschwindet. Gerade in einer Zeit, wo es wichtig wäre, überhaupt mit unserer Sportart präsent zu sein“, so der Trainer der Oberliga-Frauen des VfL Wolfsburg. Doch auch bei ihm folgt das große Aber: „Ohne Corona ist der Spielplan sehr voll. Wenn du in der Oberliga dreimal trainierst und einmal die Woche spielst, ist das allein schon eine große Belastung.“ Gerade in einer Sportart, in der das Verletzungsrisiko größer sei als in anderen. Zudem fehlte auch Bült, dessen Team sich zuletzt gegen eine Teilnahme am Pokalwettbewerb entschied, der sportliche Anreiz: „Wenn man sich über den HVN- für den DHB-Pokal qualifiziert hatte, traf man ja nicht direkt auf ein Bundesliga-Team, sondern auf einen Drittligisten – und gegen solche Teams spielst du als Oberligist in der Vorbereitung.“

Übrigens: Eine kleine Pokal-Hintertür scheint sich der HVN dann aber doch offen zu halten. Sollte in Zukunft seitens der Vereine der Wunsch aufkommen, doch wieder einen Verbandspokalsieger auszuspielen, könne der Entschluss laut Informationen des Weser-Kuriers revidiert werden.

Wolfsburger Allgemeine, Seite 28, 16.03.2021