Vorsfeldes Keeper Krüger: Konstanz, Chili und kuriose Rituale

Fast ein Leben lang…: Thomas Krüger hütet seit 2011 (r. Bild) bis heute (l. Bild) den Vorsfelder Kasten.

Seit über einem Jahrzehnt hütet Thomas Krüger das Tor der Eberstädter. Warum ihn aber kaum einer Thomas nennt, ihm Rituale wichtig sind und wie schmerzhaft Jubel sein kann, verrät er in der AZ/WAZ.

Vorsfelde. Dass Thomas Krüger vor jedem Spiel immer eine Banane und einen Müsliriegel isst – an sich nichts Ungewöhnliches. „Ich bin ein abergläubischer Mensch“, sagt der 36-Jährige mit einem Lachen. Warum es aber eben doch ungewöhnlich ist, wird sich später klären. Zunächst soll es um einen Top-Torwart gehen, der beim Handball-Oberligisten MTV Vorsfelde für eine Konstanz steht, die selten geworden ist.

Die gute Seele

„Ehrgeizig, bodenständig – wenn es eine gute Seele gibt, dann ihn“, sagt Trainer Daniel Heimann über seinen Keeper. „Mit seinem Esprit, seiner Leidenschaft macht er viele Menschen glücklich. Er ist nicht wegzudenken aus dieser Mannschaft.“ Seit über einem Jahrzehnt hütet Krüger nun schon das Tor der Eberstädter – und verspricht, dass er es erst mit dem Karriereende verlassen wird.

Doch vor dem Ende steht der Anfang. Alles begann 1992 in Langenweddingen. Ein handball-verrücktes Dorf, in dem die handball-verrückte Familie Krüger lebte. Gespielt haben eigentlich alle, Onkel (mit Göttingen) und der Cousin seines Vaters (mit Melsungen) schafften es bis in die 2. Bundesliga. Der kleine Thomas ging ins Tor, weil das in seiner Familie eigentlich alle taten. Er hatte Talent, blieb bis zur B-Jugend beim heimischen SV, dann ging’s in die Schmiede des Bundesligisten SC Magdeburg. Hier folgten zwei deutsche Jugendmeisterschaften und mit den SCM-Youngsters der Aufstieg in die 2. Bundesliga.

Zuhause in Brechtorf

Da war aus ihm längst „Pille“ geworden. „Thomas heiße ich nur in der Familie“, schmunzelt der 36-Jährige, der in Brechtorf lebt, dort mit Ehefrau Dominique und den Kindern Hannah (7), Luca (5) und Mika (1) viel Zeit im Garten oder auf dem kleinen Acker verbringt. „Pille“ wird er seit seiner Jugend gerufen. „Bei einem Lehrgang hat einer aus Scherz gesagt: Dem werfen wir jetzt auf die Pille.“ Sprich auf den Kopf. Nicht immer blieb’s beim Scherz. „Wenn das wirklich passiert ist, war ich einer, der schon gern mal in die Luft gegangen ist.“ So kam der Spitzname – und der blieb.

Familienmensch: Thomas Krüger mit Ehefrau Dominique und den Kindern.

Seit 2011 in Vorsfelde

Krüger selbst ging sportlich auf Reisen. Zunächst hatte er auch ein Zweitspielrecht für den SV Oebisfelde (damals Regionalliga), wechselte später zum SC Vöhringen (Oberliga) an die bayerisch/baden-württembergische Grenze, ehe es zurück nach Oebisfelde und nach einer Anfrage 2011 nach Vorsfelde ging.

Der MTV und Pille – das passt!

Der MTV und Pille – „das hat gleich von Anfang an gepasst. Ich bin so herzlich aufgenommen worden, habe nie in Erwägung gezogen, woanders hinzugehen. Jetzt bin ich seit elf Jahren hier – und das ist eigentlich mein Leben“, sagt der Familienvater mit der Nummer 23, die er seiner Frau zuliebe trägt („Sie hat es mit der Zahl drei“). Wenn es nach ihm ginge, steckt er in diesem Trikot bis 2026. „Ich möchte am liebsten spielen, bis ich 40 bin.“ Dabei ist der Job des Torwarts für den Körper fordernd. Aber alles eine Frage der Sichtweise: „Wenn es weh tut, hast du den Ball pariert – es gibt im Sport nichts Schöneres!“

Es hat „Peng“ gemacht

Verletzt ist die „personifizierte Chinesische Mauer“, wie ihn Heimann schon nannte, aber selten, aktuell allerdings schon. Passiert ist es mit dem Schlusspfiff beim Lehrter SV, als er nach dem 23:23-Ausgleich in die Jubeltraube lief. „Beim Sprint hat es hinten ,Peng’ gemacht.“ Muskelfaserriss. „Eine doofe Aktion, aber man hat sich halt gefreut“, sagt der Montagewerker bei VW, der deshalb die Partie am Sonntag (17 Uhr) beim TV Bissendorf-Holte verpassen wird, aber auf sein Comeback am 2. November (20 Uhr) beim SV Alfeld hofft.

„Leidenschaftlicher Koch“

Dabei ist es nicht so, dass der 36-Jährige in Langeweile versinkt. Das Haus wird renoviert, da ist der Garten. Und: „Ich bin leidenschaftlicher Koch. Egal ob Herd, Grill oder Gulaschtopf – das macht mir Megaspaß!“ Beliebt sind vor allem sein Chili con carne „und bei den Kindern die Nudelgerichte“.

Leidenschaftlicher Koch: Keeper Thomas Krüger überzeugt auch in der Küche.

Die Sache mit dem Ritual

Wäre da noch die Sache mit der Banane und dem Müsliriegel vom Beginn der Geschichte: Sie sind Teil eines Ritualmarathons: „Ich wiederhole viele Dinge, die vorher Erfolg gebracht haben. Wenn wir vor dem Spiel als Familie zusammen essen und das Spiel erfolgreich bestritten haben, kommt in den nächsten Wochen nichts anderes auf den Tisch“, lacht Krüger, der immer erst den linken Schuh anzieht, immer rechts das Schweißband trägt, als Letzter aus der Toilette kommt. Ein Apfel muss es vor dem Spiel sein – und eben eine Banane und der Müsliriegel. Das Ungewöhnliche: Zu Letzterem trägt er nur Schweißband und Socken. „Die Wärmesalbe muss ja noch einziehen.“ Hat halt mal Glück gebracht. Erst danach wartet die Saison-Unterhose („Immer frisch gewaschen!“) und natürlich der Rest vom Dress.

Von Maik Schulze, WAZ 27.10.2022