Favorit Vorsfelde empfängt Fallersleben

Am Samstag ist es wieder so weit: Derby-Zeit in der Handball-Oberliga!

Kilian Symalla


Vorsfelde/Fallersleben Wie weitreichend sind die Gesetze, die Derbys zu eigen sind? Und wie lauten sie? Auf dem Papier haben die Handballer des VfB Fallersleben im Lokalduell (Sa., 18.30 Uhr) bei Oberliga-Spitzenreiter MTV Vorsfelde keine Chance. Doch wenn es stimmt, dass vor Derbys die gängigen Statistiken keine belastbaren Indikatoren für die Einschätzung der Kräfteverhältnisse sind, dürfen die Hoffmannstädter hoffen.

Die Verantwortlichen, Trainer und Spieler in Vorsfelde und Fallersleben sind sich einig: Derbys haben eigene Gesetze. Die Aussage wiederholt sich in den Äußerungen von den Beteiligten beider Lager. Die Derby-Gesetze sind Warnung und Hoffnungsmacher zugleich. In Vorsfelde ist man bemüht, den Lokalrivalen starkzureden. Niemand beim MTV soll den VfB unterschätzen.

In Fallersleben versucht man, sich Mut zuzusprechen. Der VfB hat es in der Vorsaison geschafft und könne auch jetzt gegen Vorsfelde bestehen. Doch wie viel Gleichmacher ist die Derby-Atmosphäre wirklich? Wie groß ist der Einfluss, den die Stimmung rund ums und während des Spiels nimmt?

Die Rollen zwischen den Teams sind klar verteilt

Zunächst zur Ausgangslage, den harten Fakten. Der MTV Vorsfelde ist mit sieben Siegen in neun Spielen in die Oberliga-Saison gestartet. Gegen Verfolger Bissendorf-Holte und beim heimstarken SV Alfeld kamen die „Razorbacks“ nicht über ein Remis hinaus, ansonsten dominierten sie nach Belieben. Im Schnitt erzielt der MTV 35 Tore pro Spiel – keine Oberliga-Offensive ist besser. Beim VfB Fallersleben hakt es hingegen. In acht Versuchen kamen die Hoffmannstädter zu zwei Arbeitssiegen, wirklich überzeugend traten die „Lions“ noch nicht auf. Die Klatschen in Lehrte (18:38) und Nienburg (27:43) haben Spuren hinterlassen. Es war bereits eine teaminterne Krisensitzung notwendig. Für Aufbruchstimmung sorgte der Last-Minute-Sieg im „kleinen Derby“ gegen den HSV Warberg/Lem am vergangenen Samstag.

Trotzdem: Wer sich allein die Tabelle und bisherigen Leistungen von Vorsfelde und Fallersleben anschaut, kann nur zu dem Schluss kommen, dass der MTV der klare Favorit ist. Vorsfeldes Mannschaftsführer Marius Thiele sagt: „Jeder erwartet, dass wir gewinnen.“ Mike Knobbe, Trainer des VfB Fallersleben, bläst ins selbe Horn: „Keiner setzt auf uns.“

Eine große Rivalität – auch ohne große Historie

Doch die Begegnung zwischen den „Razorbacks“ und den „Lions“ ist mehr als ein gewöhnliches Oberliga-Spiel. Die Rivalität ist zwar noch jung und geht erst in ihre dritte Spielzeit. Doch hat sie bereits eine Historie. Und die ist erstaunlich. Denn die jüngsten beiden Duelle entschied der VfB für sich. Im September 2022 gewannen die Fallersleber mit 27:26 in Vorsfelde, im Januar 2023 hielt der VfB den MTV mit 35:31 in Schach. „Das waren keine ansehnlichen Partien, aber wir haben zweckmäßig gespielt“, sagt VfB-Spielmacher Christian Lopez. MTV-Kapitän Thiele merkt an: „Wir waren auch damals der Favorit.“

Beiden Lokalrivalen finden lobende Worte

Dass Fallersleben die Vorsfelder bezwingen kann, ist damit unstrittig. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass der VfB erneut für einen Überraschungscoup wie vor etwas mehr als einem Jahr sorgen kann? „Wir sind klarer Außenseiter. Der MTV wird uns die Grenzen aufzeigen und seinen Status als Nummer 1 in der Region festigen wollen“, betont VfB-Coach Knobbe. „Aber herschenken werden wir die Punkte nicht. Wir sind konkurrenzfähig.“ Gleichzeitig warnt Knobbe davor, den MTV der Vorsaison mit dem der aktuellen Spielzeit zu vergleichen. „Vorsfelde ist ein anderes Team. Sie haben sich mit Topspielern verstärkt, sind reifer und besser. Die Voraussetzungen sind nicht vergleichbar.“ Respekt vor dem Kader des Kontrahenten haben auch die Vorsfelder. MTV-Mannschaftsführer Thiele erklärt: „Ich wundere mich über den schlechten Saisonstart des VfB. Der Kader ist so gut wie in der vergangenen Spielzeit. Fallersleben hat Qualität. Das ist ein echter Brocken für uns.“

Gelingt es den Derby-Spezialisten des VfB, die bisherigen Ergebnisse auszublenden, ist es denkbar, dass Formstärke und individuelle Klasse des MTV als Faktoren an Bedeutung verlieren. „Es gibt Tage, an denen wir eine Chance gegen Vorsfelde haben“, betont Knobbe. VfB-Spielmacher Lopez sieht ebenfalls Möglichkeiten für Fallersleben. „Der Sieg gegen Warberg/Lelm hat uns geholfen. Wir müssen gegen den MTV zwar nochmal eine Schippe drauflegen, haben aber den richtigen Spirit.“

Eichholz-Sporthalle wird aus allen Nähten platzen

Sicher sein können sich beide Teams der Fan-Unterstützung. Die ersten vier Oberliga-Duelle zwischen den Wolfsburger Lokalrivalen waren emotionale Begegnungen in vollen Hallen. Auch diesmal wird ein ausverkauftes Haus erwartet. „Die Eichholz-Sporthalle wird keine leeren Plätze haben“, versichert Thiele. Zu viel stehe auf dem Spiel, als dass Handball-Fans aus der Region passen würden. „Es geht ums Prestige. Derbys will man immer gewinnen“, sagt VfB-Mittelmann Lopez. Vorsfelde-Kapitän Thiele: „Lokalduelle haben eine besondere Brisanz.“

Wer es schafft, die Emotionen in Tore umzumünzen, kann sich entscheidende Vorteile verschaffen. Möglich, dass darin eine spezielle Qualität der Fallersleber besteht, die damit die Derby-Gesetze selbst schreiben könnten.

Wolfsburger Nachrichten – Gifhorner Rundschau, Seite 28, 16.11.2023